„Technologien aus der Grundlagenforschung werden über angewandte Forschung zu Produktinnovationen“
Prof. Dr. Frank Steinicke im Interview
Prof. Dr. Frank Steinicke ist Beiratsmitglied der UGH. Er gehört zu den führenden Experten im Bereich Human-Computer Interaction. Als Professor an der Universität Hamburg forscht er unter anderem daran, Interaktionen und Erfahrungen in virtuellen Welten zu verbessern, indem er die Wahrnehmung sowie kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Menschen analysiert.

UGH: Gerade haben Sie über ein internationales Projekt 3 Mio. Euro Forschungsgelder eingeworben. Hier befassen Sie sich mit der technischen Erweiterung menschlicher Fähigkeiten durch Augmented Reality. Welche konkreten Anwendungsbereiche oder zukünftigen Szenarien sehen Sie hierfür im wissenschaftlichen und im wirtschaftlichen Kontext?
Mithilfe moderner AR-Technologien lassen sich digitale Informationen direkt in das Sichtfeld der Benutzerinnen und Benutzer zum Beispiel über Smartglasses einblenden. Das hat natürlich enormes Potenzial, beispielsweise für Bildung, Training, Kollaboration oder auch für den Bereich der Unterhaltung. So kann beispielsweise eine Medizinexpertin nirgendwo auf der Welt einen anderen Arzt anleiten und unterstützen, eine komplexe Operation durchzuführen.
UGH: Für das Exzellenzcluster Understanding Written Artefacts (UWA) haben Sie ein Virtual-Reality-Tool entwickelt, mit dem Forschende der Geisteswissenschaften schriftliche Artefakte im räumlichen Kontext analysieren können. Was ist das Besondere für Sie bei dieser interdisziplinären Zusammenarbeit?
Das Herausfordernde an interdisziplinärer Zusammenarbeit liegt für mich insbesondere in dem Erarbeiten gemeinsamer Forschungsfragen. Dazu muss ich die anderen Disziplinen verstehen und überlegen, wie ich meine eigenen Forschungsfragen dort anbinden kann. An der Universität Hamburg haben wir eine Reihe solcher crossdisziplinären Forschungsprojekte. In der Zusammenarbeit im Exzellenzcluster UWA erarbeiten wir gemeinsam mit Archäologen und Epigrafikerinnen spannende Fragen, wie beispielsweise Inschriften am besten in einem virtuellen 3D-Raum visualisiert und verstanden werden können.
UGH: Welche Rolle spielen Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft für die Weiterentwicklung immersiver Technologien? Gibt es konkrete Herausforderungen oder Synergien, die Sie in Ihrer Arbeit beobachten?
Gerade im Bereich der immersiven Technologien konnten wir in den letzten 25 Jahren beobachten, wie diese Technologien aus dem Bereich der Grundlagenforschung über die angewandte Forschung bis zu Produktinnovationen entwickelt wurden. Allein aus meiner Arbeitsgruppe haben sich bereits zwei Start-ups gegründet, die sich beispielsweise mit professionellem AR-basierten Sport-Training befassen oder VR-basierte Bewegungsspiele entwickeln. Das ist sehr spannend zu sehen, wie der Transfer unserer Grundlagenforschung bis zu Wirtschaftsinnovationen gelingen kann.
UGH: Wie möchten Sie sich im Beirat der UGH engagieren?
Die Universitäts-Gesellschaft ist ein wichtiger Baustein in Hamburg, die den Brückenschlag zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vereint. Dies ist beispielsweise sehr sichtbar geworden durch die Hamburger Zukunfts-Konferenz, die die UGH bereits zweimal sehr erfolgreich organisiert hat. Hierbei bringe ich mich gerne bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Formate ein, insbesondere bei Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz, dem Metaverse oder allgemein der Frage, wie Menschen zukünftig mit Technologien agieren.
Vorgestellt von Katrin Meyer